Stuttgart, 25. September 2019
Das Verbrechen an den Lehramtsstudenten von Ayotzinapa ging vor fünf Jahren um die Welt. Die „Nacht von Iguala“ hinterließvom26. auf den 27. September 2014 43 verschwundene Studenten, sechs Menschen wurden ermordet. „Noch immer ist der Verbleib der jungen Männer ungeklärt. Für ihre Familien, ihre Kommilitonen, für die mexikanische Gesellschaft und für weite Teile der internationalen Gemeinschaft ist das eine untragbare Situation. Das Verbrechen muss endlich aufgeklärt werden“, fordert Carola Hausotter von der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko.Die Polizeieinheiten vor Ort waren an dem Verschwindenlassen und den Morden maßgeblich beteiligt. Sie nahmen die Studenten fest und übergaben sie später der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“. Der mexikanische Staat leitete aufgrund des breiten gesellschaftlichen und politischen Drucks rasch Untersuchungen ein. „Damit begann eine Odyssee durch das Justizsystem“, so Hausotter weiter. Beweise wurden unterschlagen, der Tatort manipuliert und falsche Geständnisse unter Folter erpresst. „Diese gängige Praxis macht Aufklärung unmöglich und zementiert das strukturelle Problem der Vertuschung“, erklärt die Koordinatorin des deutschen Netzwerks.Die Regierung unter Andrés Manuel López Obrador kündigte beiihrem Amtsantritt im Dezember 2018eine lückenlose Aufklärung des Verbrechens von Ayotzinapa an. Davon zeugen nicht nur die neu geschaffene Wahrheitskommission,sondern auch mehrere Treffen von Vertreter*innen der Regierung mit den Familien der Opfer in den letzten Monaten. Die Koordination unterstützt den Ansatz der neuen Generalstaatsanwaltschaft, die Untersuchungen neu aufzurollen und gegen die ehemaligen Ermittler strafrechtlich vorzugehen. Sie waren nachweislich in Manipulationen in dem Fall verwickelt.Die Angehörigen empfinden die Ermittlungen momentan jedoch eher als Rückschläge. In den letzten Wochen wurden mehrere Hauptverdächtige in die Freiheit entlassen. So etwa Gildardo López Astudillo, „El Gil“, der lokaler Anführer der kriminellen Organisation „Guerreros Unidos“ in Iguala war.Die Koordination begrüßt den politischen Willen der Regierung von López Obrador, für Wahrheit und Gerechtigkeit zu sorgen. „Doch fünf Jahre nach dem Verbrechen reicht der Wille allein nicht mehr aus. Noch immer steht der Fall repräsentativ für systematische Straflosigkeit und die über 40.000 weiteren Opfer gewaltsamen Verschwindenlassens in Mexiko“, sagt Hausotter mit Nachdruck. Damit die Aufklärung vorangeht, ist internationaler Druck wichtig. „Hier ist auch die deutsche Bundesregierung in der Verantwortung“,betont Hausotter. Illegal gelieferte G36-Sturmgewehre der deutschen Traditionsfirma Heckler&Koch kamen gegen die Studenten zum Einsatz. Das Unternehmen wurde im Februar 2019 zu einer millionenhohen Geldstrafe verurteilt.Dem Hauptverantwortlichen konnte jedoch seine Schuld nicht nachgewiesen werden und die Rolle der deutschen Beamten wurdenicht abschließend geklärt. „Damit zieht sich die Spur der Straflosigkeit im Fall Ayotzinapa bis nach Deutschland“, schließt Hausotter kritisch.
Kontakt für weitere Informationen:
Carola Hausotter, Koordinatorin des Netzwerks „Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko“
Fon: +49 (0)711 57 64 68 79 / info@mexiko-koordination.de
Die deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko ist ein Netzwerk von:
Lateinamerika-Hilfswerk Adveniat,
Amnesty International (Deutsche Sektion),
Brot für die Welt, CAREA e.V.,
Initiative Mexiko,
Mexiko-Initiative Köln/Bonn,
México vía Berlin,
Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR,
Missionsprokur der deutschen Jesuiten,
Missionszentrale der Franziskaner,
Ökumenisches Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V.,
Pacta Servanda e.V.,
Partner Südmexikos, e.V.,
pax christi Kommission Solidarität Eine Welt,
Promovio e.V.