Der mexikanische Staat muss Gewalt gegen Frauen verhindern und die Straflosigkeit beenden.
Pressemitteilung zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November
Stuttgart, Berlin, 24. November 2020
Die Wut wird größer. Auf der Straße fordert die feministische Bewegung in Mexiko von der Regierung, entschieden gegen Feminizide (Frauenmorde) vorzugehen. Mitte November schoss die Polizei in dem karibischen Tourismuszentrum Cancún mit scharfer Munition auf Frauen, die gegen die Entführung und Ermordung der 20-jährigen Bianca Lorenzana protestierten. Seit September halten Mütter von ermordeten und verschwundenen Frauen sowie feministische Aktivistinnen das Gebäude der Nationalen Menschenrechtskommission (CNDH) in Mexiko-Stadt besetzt. Zum Internationalen Frauentag am 8. März dieses Jahres waren Millionen Frauen in den Streik getreten.
Noch immer unternimmt der Staat viel zu wenig, um die Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu bekämpfen. Im Schnitt werden täglich elf Frauen ermordet. Die Zahl getöteter oder verschwunden gelassener Frauen steigt seit den 1990er Jahren rapide an. Allein 2019 waren 1.227 der insgesamt über 5.000 verschwundenen Personen Frauen. Seit Beginn der Coronakrise haben sowohl die Anzahl der Morde als auch die häusliche Gewalt weiter zugenommen. „Neben der COVID-Pandemie besteht die große Pandemie der Gewalt gegen Frauen fort, wird aber unsichtbar gemacht“, betont Yésica Sánchez von der Menschenrechtsorganisation Consorcio Oaxaca. „Die Regierung hat 2020 praktisch keine Maßnahmen ergriffen, um die vielen Frauenmorde zu stoppen.“
Strafrechtliche Untersuchungen werden häufig gar nicht erst eingeleitet. Und wenn doch, kommt es nur selten zu einer Verurteilung. Die Täter stammen oft aus dem häuslichen Umfeld der Frauen selbst. Die Ermittlungen und die Strafverfolgung sind auch deswegen nicht erfolgreich, weil es an der Koordination zwischen den Institutionen auf Bundesebene und in den einzelnen Bundesstaaten mangelt. Obwohl es seit 2012 einen Straftatbestand für Feminizide gibt, liegt die Straflosigkeit noch immer bei über 90 Prozent. „Die wenigen Täter vor Gericht werden häufig aufgrund unzureichender Untersuchungen freigesprochen“, kritisiert Sánchez. Zudem hätten die Behörden noch nicht verstanden, dass alle gewaltsamen Todesfälle von Frauen als Feminizide untersucht werden müssen. Die Regierung unter Andrés Manuel López Obrador habe das Land im Dezember 2018 in einer schwierigen Situation übernommen, tue jedoch zu wenig gegen die Gewalt. „Die Menschenrechte von Frauen müssen ganz nach oben auf die Agenda“, fordert Sánchez.
„Dem Staat kommt gegenüber bedrohten Frauen eine Schutzpflicht zu“, betont Maja Liebing, Referentin für die Region Amerikas bei Amnesty International in Deutschland. „Die mexikanische Regierung sollte umgehend konkrete Schritte einleiten, um Frauen besser zu schützen und die Straflosigkeit zu beenden. Wir wünschen uns auch von der deutschen Regierung, dass sie sich in den bilateralen Beziehungen zu Mexiko deutlich dafür einsetzt“.
Kontakt für weitere Informationen:
Tobias Lambert, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Deutsche Menschenrechtskoordination Mexiko, presse@mexiko-koordination.de
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