Deutschlandtour von Voz de los Desaparecidos en Puebla und Técnicas Rudas vom 22.09. – 15.10.2023 mit Stationen in Berlin, Leipzig, Hamburg, München und Hannover
Weit über hunderttausend Menschen gelten in Mexiko als verschwunden. Hinter der unfassbaren Zahl verschwindet auch das Schicksal der einzelnen, ihrer Familien, Freund:innen und Gemeinschaften, ihrer Kämpfe, Träume, Sehnsüchte und Zukunftspläne. Und es verschwinden die gesellschaftlichen und politischen Ursachen dieses gigantischen Menschenrechtsverbrechens. Gemeinsam mit María Luisa Núñez Barojas,Gründerin eines Kollektivs suchender Angehöriger, der feministischen Aktivistin, Künstlerin und Wissenschaftlerin Itzell Sánchez Martínezund dem Musiker und Liedermacher Arturo Muñoz Rodríguez wollen wir neue Wege der Erzählung und der Erinnerung über das gewaltsame Verschwindenlassen suchen. Auf die Teilnehmenden warten ein aktueller Dokumentarfilm, eine Ausstellung mit Puppen und Bildern, Information, Begegnung und Gespräch, Lieder, Performances und Aktionen im öffentlichen Raum.
#Werde Teil der Suche: ¡Hasta encontrarles! – Bis wir sie wiederfinden!
Nadia und Juan de Dios haben einiges gemeinsam: Sie sind jung, leben bei ihren Familien, studieren und treffen sich gerne mit Freunden. Nadia und Juan de Dios kennen sich nicht, obwohl sie beide im mexikanischen Bundesstaat Puebla geboren und aufgewachsen sind. Ihre Schicksale kreuzen sich durch das Verschwindenlassen, dem sie zum Opfer fallen. Ihre Familien treffen sich und umarmten sich auf der Suche nach ihnen.
Sie schließen sich in einem gemeinsamen Kampf gegen Straflosigkeit, Gleichgültigkeit und Ungerechtigkeit zusammen. Ein Kampf Hunderter, ja Tausender Familien, die alle auf der Suche nach ihren verschwundenen Söhnen und Töchtern oder weiteren Angehörigen sind.
In Mexiko sind laut offiziellen Quellen mehr als 111.000 Personen als verschwunden registriert. Der Bundesstaat Puebla steht auf der Liste der Bundesstaaten mit der höchsten Anzahl vermisster Personen in Mexiko auf Platz 8. Nach Angaben des Nationalen Registers der Verschwundenen und Vermissten (RNPDNO) sind die meisten Fällen von verschwundenen Personen in der gleichnamigen Hauptstadt zu verzeichnen. Dort hat das Verschwinden von Kindern und Jugendlichen, insbesondere von Frauen, seit 2017 deutlich zugenommen.
Die Ursachen sind vielfältig und meist ungeklärt, die offiziellen Ergebnisse der Suche und die Maßnahmen, um die Problematik anzugehen sind wenig effektiv oder sogar völlig wirkungslos.
Wie können wir das Unrecht und den Schmerz der Opfer des Verschwindenlassens thematisieren? Wie können wir uns diesemThema nähern, ohne die Opfer zu viktimisieren oder zu kriminalisieren? Wie können wir dazu beitragen, die Geschichten der Familien und der Suchenden auf andere Weise zu erzählen, wie können wir sie begleiten und ihre eigenen Sichtweisen der Ereignisse teilen? Und was gibt es über diese schwere Menschenrechtsverletzung zu wissen, die bis heute Teil der Gegenwart ist – nicht nur in Mexiko?
Diesen und anderen Fragen widmet sich die deutsche Fünf-Städte-Tournee “Narrative von unten: Geschichten und Erinnerungen an das Verschwindenlassen in Mexiko”, an der Vertreter:innen des Colectivo Voz de los Desaparecidos en Puebla (Kollektiv Stimme der Verschwundenen) und der Organisation Técnicas Rudas teilnehmen.
Das Projekt, das dieser Deutschlandtour zugrunde liegt, wurde seit 2021 in verschiedenen Bundesstaaten der mexikanischen Republik durchgeführt. Es ist eine Initiative von Técnicas Rudas in Mexiko unter Beteiligung von Zusammenschlüssen von suchenden Familienangehörigen, landesweiten und internationalen Organisationen der Zivilgesellschaft, Journalist:innen und Menschenrechtsaktivist:innen.
Was befindet sich im Koffer der “Narrative von unten”-Tour?
Die Tour beinhaltet Gespräche mit Vertreter:innen der Kollektive Técnicas Rudas und Voz de los desaparecidos en Puebla, eine Vorführung des Dokumentarfilms „Cartas para un porvenir“ (Briefe für eine Zukunft, Mexiko, 2023) über Kindheit und Verschwindenlassen, Lieder, die die Familien für ihre verschwundenen Angehörigen geschrieben haben, eine Ausstellung von 36 Stoffpuppen, die von den Müttern der Verschwundenen genäht wurden und von Bildern, die den Kampf und den Widerstand von Hunderten von Familien zeigen, die von einer Gruppe mexikanischer Künstler:innen begleitet wurden.
Wer sind die Gäste?
María Luisa Núñez Barojas. Mutter von Juan de Dios Núñez Barojas, der 2017 in Puebla verschwand. Menschenrechtsverteidigerin. Gründerin des Kollektivs „Voz de los Desaparecidos en Puebla“ (2018), das derzeit aus 100 Familien besteht, die nach ihren verschwundenen Angehörigen suchen.
Itzell Sánchez Martínez. Aktivistin, BA in Theaterwissenschaften, feministische Aktivistin für Bildung “von unten”, partizipative Kunst und Community Mapping. Mitglied der Organisation Técnicas Rudas und Koordinatorin des Projekts „Narrative von unten: Geschichten und Erinnerungen an das Verschwindenlassen in Mexiko“.
Arturo Muñoz Rodríguez. Musiker und Liedermacher mit mehr als 22 Jahren Erfahrung. Mitglied von Técnicas Rudas und ebenfalls an dem Projekt “Narrative von unten” beteiligt. Diskografie: „La Trola“ (2016), Doppelalbum Mortal-Inmortal (2020), Album „La Calle y la Alcoba” (gemeinsam mit Carlos Arellano).
Wo und wann?
Berlin: 22. bis 26.09
22. und 23.09 Festival de Cine Comunitario Ojo al Sancocho
25.09. 14:30 – 16 Uhr Veranstaltung der Deutschen Welle Akademie
Leipzig: 28.09 | Stronger Together Kongress
Hamburg: 29.09., 19 Uhr B-Movie Kulturinitiative auf St. Pauli B≤Movie
München: 02. bis 08.10.
03.10., 17 Uhr, Werkstattkino
06.10. ab 16 Uhr, Prof Huber Platz (vor der Universität)
Hannover: 10. bis 12.10 | Ventana al Sur
Weitere Informationen: www.oeku-buero.de
Kontakt:
E-mail: mex@oeku-buero.de