Menschen werden festgenommen oder entführt und tauchen danach nicht
mehr auf. Wenn der Staat beteiligt ist – sei es durch seine
Sicherheitskräfte oder durch Unterlassung, weil er nichts dagegen
unternimmt – dann spricht man vom Verschwindenlassen.
Das
„Verschwindenlassen“ hat in Mexiko eine traurige Tradition:
Bereits Ende der 1960er bis Mitte der 1980er Jahre, in der Zeit des
sogenannten „Schmutzigen Krieges“, ließen staatliche
Sicherheitskräfte Menschen verschwinden. Hintergrund war die
Repression gegen Oppositionsbewegungen und Guerillagruppen.
Heute
stellt das Verschwindenlassen in Mexiko eine massive und
systematische Praxis dar. Im Jahr 2019 gibt es laut offiziellen
Zahlen über 40.000 Fälle von Verschwindenlassen. In der deutschen
und internationalen Politik ist spätestens seit dem Verschwinden von
43 mexikanischen Studenten bekannt, worauf mexikanische
Menschenrechtsorganisationen seit vielen Jahren aufmerksam machen.
Von
den Behörden alleingelassen müssen die Angehörigen der Opfer
tagtäglich mit der Ungewissheit über das Schicksal der
Verschwundenen zurechtkommen. Ob willkürlich festgenommen, entführt,
gefoltert oder hingerichtet: Kaum ein Fall wird strafrechtlich
verfolgt, kaum ein Opfer taucht wieder auf. Die Angehörigen kämpfen
meist allein für die Aufklärung, gegen das Vergessen und für die
Rückkehr in ein normales Leben.
Die
Dramatik der vielen Verschwundenen und die niedrige Aufklärungsrate
dieser Straftaten spiegelt die nicht funktionierende
Rechtsstaatlichkeit in Mexiko wider. In der Außendarstellung des
Staates wird das Verbrechen des Verschwindenlassens stattdessen
häufig minimalisiert und der organisierten Kriminalität
zugeschrieben.
Angehörigenverbände,
Menschenrechtsorganisationen und internationale Organisationen
erreichten, dass in Mexiko im Jahr 2017 ein Gesetz gegen das
Verschwindenlassen verabschiedet wurde. Nach wie vor setzen sich sie
sich dafür ein, dass es effektiv umgesetzt und mit entsprechenden
finanziellen und operativen Mitteln ausgestattet wird. Ziel ist, die
Suche nach den Verschwundenen zu verbessern und mit strafrechtlichen
Ermittlungen zu verbinden.
Die
15 Mitgliedsorganisationen der Deutsche Menschenrechtskoordination
Mexiko haben sich zum Ziel gesetzt, das Thema Verschwindenlassen mit
all seiner Komplexität in die deutsche und europäische
Öffentlichkeit zu tragen. Wir greifen die Anliegen der Angehörigen
auf und wollen Politiker zum Handeln bewegen. Dies geschieht durch
gezielte Lobbyarbeit, Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit. Die
Deutsche Menschenrechtskoordination hat eine Reihe von
Veranstaltungen zu dem Thema organisiert und Informationsmaterial
erarbeitet.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.