„Jeder Mensch hat das Recht, einzeln wie auch in Gemeinschaft mit anderen, den Schutz und die Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene zu fördern und darauf hinzuwirken.“
Artikel 1 – UN-Erklärung zu den Menschenrechtsverteidiger*innen
In Mexiko, einem Land mit einer der höchsten Gewaltraten weltweit, leisten Menschenrechtsverteidiger*innen eine höchstgefährliche Arbeit. Wer Menschenrechtsverletzungen aufdeckt, gerät oft in den Fokus jener, die diese unter den Teppich kehren und der Strafverfolgung entgehen wollen. Das geschieht durch Bedrohung, öffentliche Diffamierung, Gewalt, unrechtmäßige juristische Verfolgung – und auch durch die Ermordung von Menschenrechtsverteidiger*innen.
Nach Zahlen des mexikanischen zivilgesellschaftlichen Netzwerks Espacio OSC wurden in Mexiko seit 2016 mindestens 177 Menschenrechtsverteidiger*innen mutmaßlich im Zusammenhang mit ihrem Engagement ermordet, 37 wurden Opfer gewaltsamen Verschwindenlassens. Damit gehört Mexiko zu den weltweit gefährlichsten Ländern für Menschenrechtsverteidiger*innen. Die Bedrohungssituation ist eine landesweite, wobei Menschenrechtsverteidiger*innen im ländlichen Raum, Angehörige indigener Gemeinden, Aktivist*innen, die für die Rechte sexueller Minderheiten kämpfen und Frauen einem besonders großen Risiko ausgesetzt sind.
Menschenrechtsverteidiger*innen werden sowohl durch kriminelle wie auch durch staatliche Akteure bedroht, wobei sich in Mexikos komplexer Sicherheitslage oftmals nicht trennscharf zwischen beiden unterscheiden lässt.
Insbesondere indigene Menschenrechtsverteidiger*innen, die sich für die Landrechte ihrer Gemeinden und den Schutz der Umwelt einsetzen, werden häufig Opfer juristischer Schikanen durch Behörden – bis hin zu irregulären Festnahmen und langjährigen Inhaftierungen ohne Gerichtsurteil. Ein besonderes Problem in Mexiko ist zudem das systematische Ausspähen von Individuen und Organisationen, die sich für Menschenrechte engagieren, durch den Staat. So wurde unter anderem das Spionage-Programm Pegasus nachweislich illegal von Sicherheitskräften zur Überwachung von Menschenrechtsverteidiger*innen und Journalist*innen eingesetzt.
2012 wurde aufgrund der steigenden Gewalttaten gegen Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen in Mexiko ein staatlicher Schutzmechanismus eingerichtet. Obwohl dieser die technischen und praktischen Möglichkeiten bietet, um den Schutz der Betroffenen zu erhöhen, gibt es noch erhebliche Mängel bei der Umsetzung, da die strukturellen Ursachen der Bedrohung nicht angegangen werden und die Täter*innen und Verantwortlichen unbehelligt bleiben. Vielen Morden gehen jahrelange Drohungen voraus, die lokalen staatlichen Behörden sind im Bilde und unternehmen dennoch nicht genug, um die Bedrohten vor der Gewalt zu schützen.
Für ihre unentbehrliche Arbeit erhalten Menschenrechtsverteidiger*innen von Regierungsseite oftmals nur unzureichend Anerkennung. Oft werden ihre Warnungen vor dem Ausmaß der in weiten Teilen des Lands herrschenden Gewalt heruntergespielt oder relativiert. In der Vergangenheit kam es dabei auch zu direkten verbalen Angriffen und Diffamierungen auf renommierte Menschenrechtsorganisationen und ihre Mitarbeiter*innen. In der ohnehin schweren Bedrohungslage, setzt das Menschenrechtsverteidiger*innen einem unnötigen zusätzlichen Risiko aus.
Die Mitgliedsorganisationen der Deutschen Menschenrechtskoordination Mexiko organisieren Austauschmöglichkeiten zwischen Vertreter*innen der mexikanischen Zivilgesellschaft und Entscheidungsträger*innen auf deutscher und europäischer Ebene. Unser Ziel ist, dass der Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen in die politische Agenda der bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Mexiko aufgenommen werden. Es müssen Reformen eingeleitet werden, die den Schutz der Menschenrechtsverteidiger*innen in Mexiko gewährleisten.